Ausgabe 2-2017 - page 4

Die Erbengemeinschaft –
das unbekannte Etwas
1. Einführung
Stirbt einErblasser und bestimmt er in seiner letztwilligen
Verfügungmehrere Personen zu seinenErben, entsteht
eine Erbengemeinschaft. Das Gleiche gilt, wenn ein
Erblasser ohne letztwilligeVerfügung verstirbt und
aufgrund der gesetzlichenErbfolgemehrere Personen das
Erbe antreten.
Obwohl der Gesetzgeber und hieran anknüpfend die
Rechtsprechung dieVerwaltung und dieAuseinander­
setzung einer solchenErbengemeinschaft umfassend
geregelt haben, besteht in der Praxis häufig eineUnsicher-
heit zum richtigenVerhalten innerhalb einer solchen
Gemeinschaft, die nicht selten zu Streitereien führt.
Zu bedenken ist nämlich, dass dieRegelungen des
Gesetzgebers seit Einführung des BGB inweitenTeilen
unverändert geblieben sind. DieseRegelungenmögen vor
über 100 Jahren auf die damaligenVerhältnisse angepasst
gewesen sein, in der heutigenZeit bereitet die eine oder
andereVorschrift Schwierigkeiten. Der Familien­
zusammenhalt ist nicht mehr so eng, das Vermögen ist
weiter verstreut, die Erbenwerden immer älter. Dies alles
gepaart mit Rechtsunsicherheit führt zu Streitereien.
2.EinigeRegelungen der Erbengemeinschaft
2.1.
DerNachlass wird gemeinschaftliches Vermögen
der Erben. Alle Erben bilden zusammen eineGesamt-
handsgemeinschaft, das heißt jeder Einzelne ist Eigentümer,
aber nurmit denAnderen zusammen. Über einzelne
Gegenstände kann einMiterbe daher nicht alleine verfügen,
ebensowenig über seinenAnteil an diesenNachlassgegen-
ständen. Auf die Sonderregelungen zuGesellschaftsanteilen
wird an dieser Stelle nicht eingegangen.
2.2.
Zwar kann der Erbe nicht über seinenAnteil an
den einzelnenVermögensgegenständen verfügen, sehr
wohl kann er aber über seinenAnteil an der Erbengemein-
schaft an sich verfügen. Er kann z.B. seinenAnteil an der
Erbengemeinschaft veräußern, jedoch sind die anderen
Miterben vorkaufsberechtigt.
2.3.
DieVerwaltung desNachlasses steht denErben
gemeinschaftlich zu. JederMiterbe ist verpflichtet, an
Maßnahmenmitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen
Verwaltung erforderlich sind.
2.4.
Bei der Verwaltung der Erbengemeinschaft
ergeben sich häufig Streitigkeiten, die entweder durch
passive oder widerspenstigeMiterben oder durch allzu
aktive oder rücksichtsloseMiterben hervorgerufenwerden.
Ursache von Streitigkeiten ist oft, wie oben dargestellt, der
Umstand, dass sich die Erben häufig nicht richtig kennen
oder räumlich zuweit entfernt sind. Insbesondere
dieVerwaltung von „unteilbaremVermögen“
(z.B. Immobilien) führt zu Schwierigkeiten.
Wenn der Gesetzgeber nun unterscheidet zwischen
außerordentlicher Verwaltung, ordnungsgemäßer
Verwaltung und notwendiger Verwaltung, lässt dies schon
vermuten, dass bereits die richtigeDefinition der
Verwaltungsmaßnahme und damit einhergehend die
hierzu erforderliche Einstimmigkeit zu Schwierigkeiten
führen kann.
2.5.
Jeder Erbe kann jederzeit – vorbehaltlichweniger
Ausnahmen – dieAuseinandersetzung der Erbengemein-
schaft verlangen.
3.Minderjährige Erben
Besteht eine Erbengemeinschaft mit minderjährigen
Kindern, so ist für bestimmteMaßnahmen, z.B. die
Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, einErgän-
zungspfleger zu bestellen, der sichmit demVormund-
schaftsgericht abzustimmen hat. DieserUmstand erschwert
eine einheitlicheWillensbildung innerhalb der Erben­
gemeinschaft erheblich, hat doch der Ergänzungspfleger
ausschließlich die Interessen des Kindes zu berücksichtigen.
4
ERBEN/SCHENKEN
ManfredMeixner
Steuerberater
1,2,3 5,6,7,8,9,10,11,12